Warum ein Mehrparteiensystem nichts mit Demokratie zu tun hat

Bei 1 Streitthema sind mindestens 2 Standpunkte möglich (z.B. Ausländerthema: alle Ausländer raus, alle Ausländer rein). Also braucht man mindestens 2 Parteien, um alle Standpunkte abzubilden, also dass alle Bürger vertreten sind.
Bürger

Bei 2 Themen (z.B. Ausländer und Bundesheer) braucht man 2x2=4 Parteien.
Bürger

Bei 3 Themen (z.B. Ausländer, Bundesheer, Atomkraft) schon 8 Parteien.
Bürger

Bei n Themen 2^n Parteien. Bei 100 Themen macht das über 1000000000000000000000000000000 (10^30) Parteien, die erforderlich sind, damit alle Bürger vertreten werden.

Das alles unter der Voraussetzung, das zu jedem Thema nur 2 verschiedene Standpunkte möglich sind. Das ist aber eine unrealistische Annahme. Es gibt nicht nur "alle Ausländer rein" und "alle Ausländer raus", sondern auch was dazwischen. Oder beim Bundesheer: Wehrpflicht, Berufsheer und gar kein Heer sind schon mal 3 Möglichkeiten. Rechnen wir bei jedem Thema mit 3 Möglichkeiten, dann benötigen wir für n Themen 3^n Partien. Für 100 Themen brauchen wir 500000000000000000000000000000000000000000000000 (5x10^47) Parteien. Das sind etwas mehr, als ins Parlament passen. Unsere 6 Parlamentsparteien reichen aber nicht mal aus, um 2 Themen abzudecken. Denn 3^2 ist bereits 9.

Also finden wir uns damit ab, dass es keine Partei gibt, mit der wir in allen Themen übereinstimmen. Wählen wir eine Partei, mit der wir wenigstens in der Mehrheit der Themen übereinstimmen. Wie viel Übereinstimmung ist mit einer zufälligen Partei X zu erwarten?

Bei 2 möglichen Standpunkten pro Thema und 1 Thema gibt es die gleich wahrscheinlichen Möglichkeiten, dass die Partei den Standpunkt vertritt (V) oder nicht vertritt (N). -> 50% 1N, 50% 1V -> mit 50% Wahrscheinlichkeit 0% Übereinstimmung, mit 50% Wahrscheinlichkeit 100% Übereinstimmung.
Bei 2 Themen: NN NV VN VV -> 1 NN, 2 NV, 1 V -> 25% Wkt 0% Ü, 50% Wkt 50% Ü, 25% Wkt 100% U.
Bei 3 Themen: NNN NNV NVN NVV VNN VNV VVN VVV -> 1 NNN, 3 NNV, 3 NVV, 1 VVV -> 12,5% Wkt 0% Ü, 37,5% Wkt 33% Ü, 37,5% Wkt 67% Ü, 12,5% Wkt 100% Ü.
Wie ihr seht, ergibt sich eine Binomialverteilung. Mit einer größer werdenden Anzahl Themen konvergiert sie annähernd gegen eine Normalverteilung. Der Erwartungswert liegt bei 50% Ü, die Standardabweichung bei 5 Prozentpunkten.

Glockenkurve
Mit 98-prozentiger Wahrscheinlichkeit gibt es mit einer Partei nicht mehr als 60% Übereinstimmung, aber ebenso unwahrscheinlich ist weniger als 40% Übereinstimmung.

Wenn wir nun wieder mehr mögliche Standpunkte pro Thema berücksichtigen, dann rückt die Kurve nach links Richtung 0% Übereinstimmung. Z.B. bei 3 Standpunkten pro Thema liegt der Erwartungswert bei 33%, gleichzeitig schrumpft die Standardabweichung auf 4,7 Prozentpunkte.

Glockenkurve
Mit 98%-iger Wahrscheinlichkeit liegt die Übereinstimmung unter 38%! Es ist also so gut wie unmöglich, dass man von irgendeiner Parlamentspartei wenigstens in der Hälfte der Themen vertreten wird. Man kann nur wählen zwischen Parteien, mit denen man überwiegend nicht einverstanden ist!

So lässt sich eine Binsenweisheit auch mathematisch erklären. Und auch die Politikverdrossenheit der Bevölkerung ergibt sich daraus von selbst. Die einzige Möglichkeit für eine Partei, die Gunst wenigstens eines Teils der Bevölkerung zu erlangen ist es, sich auf möglichst wenige Themen zu beschränken, so wie es die Grünen zu Beginn gemacht haben. Sie waren die einzige Partei, die von sich aus den Einzug ins Parlament geschafft hat. Alle anderen Parlamentsparteien waren immer schon im Parlament oder gingen aus anderen Parlamentsparteien hervor.

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